BDCREE

Chambre de Recours des Ecoles européennes

Numéro de décision: 21/01


Date de décision: 22.04.2021


Mots-clés

  • personnel détaché
  • ajustement différentiel
  • confiance légitime
  • droit à un recours effectif

Texte intégral


Abstract

II. Würdigung der Beschwerdekammer
Die zulässige Klage der Klägerin ist unbegründet.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klage bereits unzulässig ist, weil die Klägerin einen ausdrücklichen Widerspruch gegen den Bescheid der „Endgültigen Berechnung der Differenzialzulage“, den sie am 19. November 2019 erhalten hatte, nicht rechtzeitig erhoben hat oder die Klage gleichwohl deshalb zulässig ist, weil die ES sich im Widerspruchsverfahren auf ein Fristversäumnis nicht berufen haben, sondern mit dem Widerspruchbescheid vom 8. Oktober 2020 die Eingabe der Klägerin aus Dezember 2019 und ihr Schreiben vom 8. Mai 2020 als Widerspruch angesehen und ihre Einwände umfassend behandelt haben. Denn die Klage ist jedenfalls im Ergebnis offensichtlich unbegründet. Die endgültige Berechnung der Ausgleichszulage für das Jahr 2016 ist fehlerfrei erfolgt.

1. Auf der Grundlage des Art. 49 Abs. 2 Buchstabe c) Statut ist der Bescheid der ES, mit dem die Ausgleichszulage für das Jahr 2016 endgültig berechnet, festgesetzt und der Betrag von 10.966,52 EURO zurückgefordert wurde, rechtmäßig.
1.1. Im Rahmen des Abschnitts 1 – Grundgehalt – regelt Art. 49 Absatz 2 Statut folgendes:
(...)

1.2. Unter den genannten Voraussetzungen des Art. 49 Abs. 2 Buchstabe c) Statut besteht zwar ein Anspruch des Personalmitglieds auf Zahlung einer „Ausgleichszulage“. Nach Unterabsatz 2) der Bestimmung erfolgt aber erst dann eine „endgültige Berechnung“, wenn der Steuerbescheid der zuständigen nationalen Steuerbehörde vorliegt. Aus der Formulierung des Statuts ergibt sich hiernach hinreichend klar und deutlich, dass die Zahlung der „Ausgleichzulage“ zunächst nur vorläufig erfolgt und sie erst endgültig verbindlich ist, wenn der nationale Steuerbescheid vorliegt und die Nachberechnung („endgültige Berechnung“) auf dieser konkretisierten Basis erfolgt ist.

1.3. Die ES konnten deshalb zu Recht auch für das Jahr 2016 bei der endgültigen Berechnung der Ausgleichszulage zunächst das nationale Gehalt der Klägerin und den darauf zu beziehenden Steuersatz in Ansatz bringen. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammer (Entscheidungen vom 9. Juni 2000 – Nr. 99/16; vom 31. Januar 2019 – Nr. 18/53; zuletzt vom 17. April 2020 – Nr. 19/62).

1.3.1. Die Regelung in Art. 49 Absatz 2 Buchstabe c) Statut ist eindeutig. Ausgangspunkt für die Berechnung der Ausgleichszulage ist das nationale Gehalt und zwar ohne Berücksichtigung anderer Einkünfte (Unterabsatz 2) der Bestimmung). Auf das nationale Gehalt ist sodann die nationale (Einkommens-) Steuer zu beziehen. Dabei sind die Feststellungen der nationalen Steuerbehörden, wie sie in dem Steuerbescheid konkretisiert sind, zugrunde zu legen (vgl. Entscheidungen der Beschwerdekammer vom 9. Juni 2000, Nr. 99/16; vom 31. Januar 2019 - Nr. 18/53; vom 17. April 2020 - Nr. 19/62). Die Regelung in Unterabsatz 2) bestimmt weiter, dass mögliche steuerliche Vorteile, die den nationalen Steuerbetrag reduzieren, bei der Berechnung der Ausgleichszulage – ggf. „negativ“ - zu berücksichtigen sind. D.h., maßgeblich für die Berechnung derAusgleichszulage ist der auf das Gehalt bezogene (nationale) Steuersatz, aber unter Berücksichtigung der ihn reduzierenden und in Abzug zu bringenden (national gewährten) Steuervorteile.
Dies entspricht dem Sinn und Zweck der Ausgleichszulage. Nach Art. 49 Abs. 2 Buchstabe c) Unterabs. 1 Statut besteht er vor allem darin, für gleiche (Basis-) Lebensverhältnisse von abgeordneten Lehrern – auch im Verhältnis zu EUBeamten – unter Berücksichtigung ihrer (unterschiedlichen) nationalen Gehälter zu sorgen und eine gleiche Behandlung aller Lehrkräfte zu gewährleisten (vgl. Entscheidungen der Beschwerdekammer vom 9. Juni 2000, Nr. 99/16; zuletzt: vom 17. April 2020, Nr. 19/62). Soweit dabei unterschiedliche Steuersätze bezogen auf die „Ausgangsgehälter“ in den einzelnen nationalen Rechtsordnungen eine Rolle spielen, sind diese im Rahmen der Ausgleichszulage zu berücksichtigen, um eine entsprechende Angleichung der (Netto-)Gehälter und ein gleichmäßiges (Netto-)Gehaltsniveau zu erreichen. Ist danach der Betrag der Steuerabgaben auf das nationale Gehalt geringer oder insbesondere höher als der Steuersatz der sich für einen EU-Beamten ergeben würde, erfolgt eine - positive oder negative - Anpassung, um eine Gleichheit der Gehälter unter den Personalmitgliedern der verschiedenen Herkunftsländer zu ermöglichen. Dh., die Ausgleichszulage soll die Differenz kompensieren, die zwischen der Höhe der auf das nationale Gehalt des Personalmitglieds in seinem Herkunftsland erhobenen Steuerbeträge – aber eben nur für dieses nationale Gehalt und nicht bezogen auf andere Einkünfte und dem entsprechenden Steuersatz – und der Höhe der Steuer, die auf eine europäische Gesamtvergütung (= nationale Vergütung plus europäischer Zulage) erhoben würde, wenn für sie die Steuersätze der Europäischen Union angewendet würden. Diese Aspekte sind bei der Berechnung der Ausgleichszulage, die die Angleichung der Lebensverhältnis europaweit aus einer steuerrechtlicher Perspektive in den Blick nimmt, zu berücksichtigen. Dass die autonomen Regelungen des Statuts deshalb nur auf das nationale Gehalt und den darauf beziehbaren Steuersatz im Ansatz abstellen und besondere nationale steuerliche Vorteile berücksichtigen, ist konsequent. Deshalb scheidet es nach den Regelungen des Statuts sowohl aus, nur den nationalen Steuersatz aus dem aktuellen Steuerbescheid „eins zu eins“ zu übernehmen, als auch nationale Steuervorteile unberücksichtigt zu lassen.

1.3.2. An diese rechtlichen Vorgaben aus dem autonom gesetzten Statut haben sich die ES bei der Berechnung – wie auch schon bei der endgültigen Berechnung der Ausgleichszulage der Klägerin für das Jahr 2015 - gehalten. So ist insbesondere der Einwand der Klägerin, die ihr gewährten nationalen Steuervorteile – bspw. wegen ihrer doppelten Haushaltsführung oder der Zweitwohnsteuer - seien nicht zu ihren Ungunsten bei der Berechnung der Ausgleichszulage zu berücksichtigen, nach dem klaren Wortlaut und der eindeutigen Regelung des Art. 49 Absatz 2 Buchstabe c) Unterabsatz 2 Statut unbeachtlich. Denn durch bereits die national gewährten Steuervorteile stand der Klägerin bereits ein höheres (Netto-)Einkommen für das Jahr 2016 zur Verfügung, so dass es nur noch eines geringeren Ausgleichs bedurfte, um die feststehenden, realen Steuerunterschiede mittels der angepassten Differenzialzulage anzugleichen. Hinsichtlich der weiteren unbeachtlichen Einwände der Klägerin wird auf die den Parteien bekannten Ausführungen der Beschwerdekammer in der Entscheidung vom 17.April 2020 (Nr. 19/62) ergänzend Bezug genommen.
Ferner zeigt die Klägerin auch für die Berechnung der Ausgleichszulage für das Jahr 2016 keine relevanten Berechnungsfehler auf. Sie beruft sich auch nicht auf weitere, neue Gesichtspunkte, die zu einer anderen Bewertung des Streitfalls führen könnten. Insbesondere gibt es keinen von den ES auszugleichenden „Schaden“ bezüglich der Ausgleichszulage.

2. Die Klägerin legt auch im Hinblick auf die Ausgleichszulage des Jahres 2016 nicht dar, warum sie darauf vertrauen konnte und durfte, ihr würden die vorläufig gezahlten Beträge in voller Höhe - ohne Berücksichtigung der realen (nationalen) Steuerlast - zustehen. Es liegt, worauf die Beschwerdekammer bereits in der Entscheidung vom 19. April 2020 (Nr. 19/62) im Einzelnen hingewiesen hat und auf deren Begründung zur Vermeidung von unnötigen Wiederholungen weiter Bezug genommen wird, eben kein (Vertrauens-)Tatbestand vor, aus dem sich ein Anspruch der Klägerin auf diese in der Höhe im Ergebnis zu Unrecht (vorläufig) erbrachten Leistungen besteht. Neue Tatsachen für eine andere rechtliche Beurteilung hat die Klägerin nicht vorgetragen. Insbesondere fehlt es an einem substanziierten Vortrag zu der pauschal behaupteten vorsätzlichen Täuschung seitens der ES oder eines ihrer Repräsentanten.

3. Eine mögliche unzureichende oder nicht ausreichend zeitnahe Unterrichtung der ES über die Zusammensetzung und Berechnung der Ausgleichszahlung würde es im Übrigen auch nicht rechtfertigen, einen Anspruch der Klägerin auf eine in der Höhe unrechtmäßige Differentialzulage zu begründen. Zudem war ihr im Hinblick auf die Ausgleichszulagen im Jahr 2016 spätestens mit Beginn ihrer Tätigkeit ab September 2015 durch Übergabe des Statuts bekannt, dass die monatlichen Zahlungen nur vorläufig erfolgten und endgültig erst unter der Bedingung des bestandskräftigen nationalen Einkommenssteuerbescheids stattfinden würden.
Soweit sie weiter auf ihren Schriftverkehr mit dem ES-Inspektor bzw. den stellvertretenden Generalsekretär verweist, geht es im Übrigen nicht um die Berechnung einer Ausgleichszulage in der Vergangenheit im Allgemeinen oder der Differentialzulage für das Jahr 2016 im Besonderen, sondern um die Höhe der "aktuell" gezahlten Zulage nach Änderung der Regelungen des Statuts.

4. Schließlich ist eine Verletzung des Grundsatzes "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" im Hinblick auf die Berechnung der Ausgleichszulage nicht erkennbar. Zum einen hat die Klägerin nicht vorgetragen, dass für die Tätigkeit einer Lehrerin an den ES bei gleicher Qualifikation unterschiedliche Brutto-Vergütungen geleistet werden, wofür nur das genannte Prinzip streitet. Zum anderen erfasst der Grundsatz nicht eine unterschiedliche steuerliche Behandlung von Arbeitseinkommen. Um aber diese - an den unterschiedlichen Schulstandorten, den unterschiedlichen nationalen Steuersystemen und der europäisch anzusetzenden Steuer - zu zahlende Einkommenssteuer an- und auszugleichen, gewähren die ES die "Ausgleichszulage". Damit hängt die unterschiedliche Höhe der Differentialzulage nicht von der Tätigkeit ("gleiche Arbeit"), sondern von den steuerrechtlichen Rahmenbedingungen ab.

5. Die weiteren Rügen der Klägerin, die ES würden elementare Verfahrensregeln verletzen und die Beschwerdekammer sei kein unabhängiges Gericht, zumal keine "übergeordnete Instanz" angerufen werden könne, bleiben substanzlos. Insbesondere ist aufgrund der Satzung der ES mit der Beschwerdekammer ein effektives System für einen rechtsstaatlichen Rechtsschutz und einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz etabliert worden (Europäischer Gerichtshof, Entscheidung vom 11. März 2015 - C 464/13 und C 465/13 - Rn. 73 ff, Oberto und O'Leary ./. Europäische Schule München). In der genannten Entscheidung hat der EuGH noch einmal betont, dass nach Art. 47 GR-Charta der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes keinen Zugang zu zwei Gerichtsinstanzen umfasst, sondern nur zu einem Gericht (siehe Rn. 73), wie bei der Beschwerdekammer der ES.